Besser hätte das Timing nicht sein können. Genau an ihrem neunten Geburtstag fand in der Sporthalle am Tuchanger die Spielaktion „Zeil hüpft“ statt, und die kleine Kaya war mit Begeisterung dabei. Papa Manuel Große aus Knetzgau (ein gebürtiger Zeiler) hatte seine Tochter quasi als Geburtstagsgeschenk zusammen mit ihrer Schwester Aria sowie ihren Freundinnen Nina und Emelin zur Sporthalle gebracht, und dort konnten sich die vier Mädchen auf den elf Spielstationen austoben.
Zum Beispiel auf dem Bungee Run. Dort versuchten die Mädchen wie viele andere Kinder vor und nach ihnen gegen den Widerstand eines Zugseils einen Gegenstand möglichst weit entfernt vom Startpunkt abzulegen. Das alles laufend auf einem dicken Luftpolster, das zusätzlich Kraft kostete.
Ganz schön anstrengend. Diese Erfahrung machten auch die beiden Helferinnen Mara und Franka Mather. Die Zwillinge, die als zwei von zahlreichen Helferinnen und Helfern im Einsatz waren, haben die Buben und Mädchen mehrere Stunden lang mit dem Zugseil verbunden und dabei einiges an Strecke auf dem weichen Luftpolster zurückgelegt. „Am Abend weiß man, was man getan hat“, schilderte Franka Mather lachend. „Das geht ganz schön auf die Oberschenkel.“
Andere Helfer der „Zünder“, die die Aktion „Zeil hüpft“ organisiert und veranstaltet haben, brauchten eher die Kraft ihrer Oberarme. Richard Biertempfel zum Beispiel sicherte mit Tim Pitzke den aufblasbaren Kletterfelsen, den Buben und Mädchen erklimmen konnten – gesichert von den beiden sportlichen Helfern an einem Seil. Die Kraftanstrengung nahmen die beiden „Zünder“-Helfer gerne in Kauf. Denn nach der erfolgreichen Klettertour „siehst du das Kinderlächeln, wenn sie oben sind“, erzählte Richard Biertempfel. Die Freude der Kinder ist es, die die „Zünder“ motiviert, solche und ähnliche Aktionen zu organisieren und durchzuziehen. Und „solange wir Spaß haben, ist alles okay“, ergänzte Johannes Erlwein, der Zweite Vorsitzende der „Zünder“.
„Zeil hüpft“ fand dieser Tage zum Auftakt der Weihnachtsferien zum dritten Mal statt. Dazu haben die „Zünder“ in der Tuchanger-Sporthalle elf Hüpfburgen hingestellt. Die größte hatte eine Länge von 25 Metern. Von Firmen aus Bamberg und Würzburg sowie vom Kreisjugendring haben sie die Spielgeräte bekommen, die, einmal aufgebaut, die ganze Fläche der Dreifach-Sporthalle in Anspruch nahmen.
Ganz billig ist der Spaß nicht. Eine vierstellige Summe müssen die „Zünder“ für den Freizeitpark in der Halle aufwenden. Deshalb verlangen sie auch Eintritt. Gezahlt werden muss für die Hüpfburgenbenutzer, also für die Kinder. Die Eltern und andere Begleitpersonen haben freien Eintritt. Eltern und weitere Begleitpersonen sollen, so wünschen es die „Zünder“, unbedingt dabei sein, um die Buben und Mädchen zu beaufsichtigen. Und wenn der eine oder andere Erwachsene selbst mal auf die Hüpfburg will und losspringt, dann haben die „Zünder“ nichts dagegen, sagte Bastian Rößner, der Vorsitzende der „Zünder“.
Geht das Konzept auf? Wenn man die Freude sieht, mit der die Kinder unterwegs sind, dann ganz sicher. Mehrere hundert Buben und Mädchen dürften es gewesen sein, die an diesem Sonntag vor Weihnachten bei „Zeil hüpft“ mitmachten. Und finanziell? Die „Zünder“ haben nicht das Ziel, Gewinn zu machen, betonte Bastian Rößner, aber draufzahlen wollen sie natürlich auch nicht. Bei der ersten „Zeil-hüpft“-Aktion sind die „Zünder“ mit einer „roten Null“ davongekommen, berichtete der Kassenverwalter Oliver Shomo. Bei der zweiten Veranstaltung vor einem Jahr war es eine „sehr rote Null“. Das Ergebnis der dritten Veranstaltung steht noch nicht fest, aber gewiss ist, dass viele Kinder ihre Freude hatten, und das ist für die „Zünder“ am wichtigsten.
Was sie machen, das machen sie gut! Dieses Lob kommt aus berufenem Mund. Peter Pfaff, der Dritte Bürgermeister der Stadt Zeil und langjährige Führungskraft der Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis Haßberge, weiß, was die Stadt an den Zündern hat. Zufrieden schaut er auf die Menschen, die an Stehtischen miteinander reden, einen Schoppen Wein oder ein Bier genießen und gut gelaunt sind. Bereits im Mai hatten die Zünder zum ersten Stadtsommer in den Caritasgarten eingeladen, am vergangenen Freitag folgte die zweite Runde in den Schmachtenberger Weinbergen zusammen mit der Band „Charities“. Die Zeiler folgten der Einladung, wie sie schon im Winter zum Stadtglühen oder zuvor zur Maibaum-Aufstellung auf den Marktplatz gekommen waren. Die Angebote, die die Zünder seit einigen Jahren unterbreiten, haben nach Darstellung von Peter Pfaff eine hohe Qualität. „Die Zeiler können stolz sein“ auf die Gruppe, lobt der Dritte Bürgermeister.
Wer die Zünder sind, ist mittlerweile ja hinlänglich bekannt. Die Gruppe junger Leute hat sich während der Ministrantenarbeit der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Michael kennengelernt und ist schließlich aus der Jugendarbeit der Stadt hervorgegangen. Vor allem sind sie aber ein Freundeskreis, der über die Jahre eng zusammengewachsen ist.
Mittlerweile sind „die Zünder Zeil“ ein eigener eingetragener Verein. Gründungstag war der 29. Februar 2020 - ausgerechnet. Ein Tag, der nicht jedes Jahr vorkommt, und ein bisschen belegt, dass es eine außergewöhnliche Truppe ist. Der Verein besteht aus 18 aktiven Mitgliedern, die die Aktionen wie den Stadtsommer organisieren, vorbereiten und durchziehen, sowie über 100 Fördermitgliedern. Ihr Vereinsziel: unterschiedliche Aktionen zu starten und den Zeilern etwas zu bieten.
Das sollen Angebote von Zeilern für Zeiler, aber natürlich auch für alle anderen. Alles begann mit einem Quattroball-Turnier 2014. Als dieses an Attraktivität verlor, stiegen sie vor zehn Jahren bei der Maibaum-Aufstellung ein, die zuvor das Männerballett der Zeiler Narrenzunft durchgeführt hatte. Als dem Männerballett der Schwung auszugehen drohte, kamen die Zünder genau im richtigen Moment, um diese Tradition fortzusetzen.
Apropos Tradition. Nur das anbieten, was andere schon zuvor realisiert hatten, wollen die Zünder nicht. Sie wollen Neues umsetzen und haben es auch schon getan. Mit ihrem Escape-Room, Plattenpartys, einer Floßfahrt auf dem Main, einem Besuch des Biathlon-Weltcups in Oberhof, dem Stadtglühen im Winter sowie der Aktion „Zeil hüpft“ vor allem für Kinder und Jugendliche und jetzt mit dem Stadtsommer haben die Zünder neue Wege beschritten. „Wir machen’s gerne“, beschreibt der Zünder-Vorsitzende Bastian Rößner die Motivation der Zünder. Der beste Lohn ist, dass die Zeiler die Angebote annehmen, wie die Besucherzahlen deutlich machen.
Eine Chance, den in diesem Jahr erstmals angebotenen Stadtsommer weitere Male erleben zu können, gibt es selbstverständlich. Noch weitere dreimal findet der Stadtsommer statt, immer an einem anderen Ort in der Stadt. Am 25. Juli, 13. September und 5. Oktober sind die nächsten vier Stadtsommer-Termine. Der August bleibt wegen des Altstadt-Weinfests frei.
Bedenken, dass der Stadtsommer ein Flop werden könnte, haben die Zünder nicht. Im Gegenteil: Die Gefahr ist größer, dass sie überrannt werden. Beim Stadtsommer im Caritasgarten zum Beispiel „waren die ersten schon um halb zwei da“, eineinhalb Stunden vor dem Beginn.
Besteht die Angst, dass den Zündern irgendwann die Luft ausgeht? Der Durchhaltewillen sei da, versichert der Vorsitzende. Schließlich haben es die Zünder nach der Auffassung von Bastian Rößner selbst in der Hand, was und mit welcher Intensität sie Aktivitäten von Zeilern für Zeiler und weitere Interessenten schaffen wollen. Fest steht für ihn: „Wir wollen immer, dass es Neues gibt.“